Zum Internationalen Tag gegen Rassismus wurde es wieder herausgestellt: Der Rassismus  ist kein Phänomen von Randgruppen, sondern ist in der ganzen Bandbreite der Bevölkerung vertreten.  Viele  wissenschaftliche Untersuchungen sprechen auch von der „Mitte der Gesellschaft“.

In den neunziger Jahren traten die Jusos mit einem Kuckucksuhr-Plakat an die Öffentlichkeit: „Rassismus fängt zu Hause an“.  Mit Kreide geschriebene Slogans wie, „Ali stinkt“, „Franzosen küssen besser“, oder auch  „Neger vergewaltigen deutsche Frauen“ sollten diese plakativen Vorurteile wachrütteln. Die Uhr stand auf fünf vor 12!

Heute rund 20 Jahre später steht die Uhr immer noch auf fünf vor 12, wenn wir zu einer Flashmob anmutenden Kurz-Aktion auf dem Stadthäger Marktplatz zusammen kommen. Die Vorurteile haben sich trotz fortschreitender Globalisierung der Märkte, Öffnung der Europäischen Union und steigender Flüchtlingszahlen nicht einen Sekundenzähler-Schritt gegen den Uhrzeigersinn reduziert. Im Gegenteil – die wissenschaftlichen Untersuchungen der Universitäten und politischen Stiftungen vermitteln uns düstere Wahrheiten über unser rassistisches, menschenverachtendes Gedankengut. Ergänzt werden die Vorurteile heute mit scheinbar zementierten Meinungen über „Sozialschmarotzer“, „Arbeitsverweigerer“, „Leistungsbetrüger“ und „Asoziale“.

Scheinbar kann die antidiskriminierende Arbeit vielzähliger Projekte der letzten zwei Jahrzehnte keine signifikanten Fortschritte vermelden. Aber woran liegt es? Fest steht, dass es in ländlich strukturierten Gebieten eine höhere Tendenz zum Rassismus gibt, als in Großstädten.

Ist es die dörfliche Angst von der eigenen Scholle vertrieben und ausgeplündert zu werden,  wie vor Jahrhunderten durch einfallende Horden aus dem Osten? Haben die Menschen Angst, von ihrem Wohlstand etwas abgeben zu müssen ? Ist es Futter-Neid oder suchen sie nur einen Sündenbock für ihre eigene scheinbar missliche Situation? Es ist wohl von allem etwas. Ich kann nur hoffen, dass eine vernünftige und gerechte Sozialpolitik in der Zukunft, die Ängste in unserer Gesellschaft reduziert und die Vorurteile durch mehr persönliche Kontakte der Menschen  untereinander abgebaut werden. Dann brauchen wir auch nicht mehr uns die Füße für Weltoffenheit und Vielfalt platt zu stehen, sondern können lieber die Zeit mit unseren neu gewonnen Freunden verbringen.

Über den/die AutorIn

Stephan Hartmann

Für Dipl. Sozialarbeiter Stephan Hartmann ist sein Beruf als Berater für Zuwanderer mit Migrationshintergrund im Landkreis Schaumburg ein Herzensthema, das ihn auch privat nicht loslässt. Bei der Gründung der Initiativen "Alle unter einem Dach" aus Bückeburg und "Schaumburg ist bunt" wirkte er maßgeblich mit. Verbunden damit ist ein starkes Engagement gegen rechtsextreme Gruppierungen. Die Chormusik begleitet das Leben Hartmanns seit seiner Kindheit. Er war 14 Jahre Sänger des Schaumburger Jugendchores. Konzertreisen führten ihn durch viele Länder Europas, Russland, die USA und nach Japan. Die dabei gesammelten Erfahrungen waren sicherlich prägend für seinen beruflichen Werdegang. Seit 1998 singt er im Schütte-Chor. Darüber hinaus erstellt und vermarktet er nebenberuflich digitale Tonaufzeichnungen von Chorkonzerten - vorwiegend des Schütte-Chores - und widmet sich der Fotografie. Professionelles Helfen und ehrenamtliches Engagement im sozialen und musikalischen Bereich prägen heute seinen Lebensrhythmus.

Alle Beiträge anzeigen